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VOTIVPARK-GARAGE
EINFAHRT
Sigmund Freud Park, Wien

VOTIVPARK-GARAGE

Im Zuge eines von WIPARK in Kooperation mit der Wirtschaftsagentur Wien, Kreativzentrum departure ausgelobten Wettbewerbs gewann das österreichisch/italienische Künstlerduo Krüger & Pardeller die künstlerische Neugestaltung der Votivpark-Garage.

Die Architektur der Votivpark-Garage weist sowohl eine großzügige Raumqualität auf, als auch eine überraschende Liebe zum Detail. Im Foyer, vom „Jonasreindl“ kommend, finden sich Betonstrukturwände, wie sie kaum noch in Wien erhalten sind. In die Garage fällt Tageslicht durch Lichtkuppeln herein, eigens gefertigte Türgriffe und bunte Glasmosaikfenster bezeugen einen detailreichen Gestaltungswillen.

Spätestens bei der Durchsicht historischer Fotos wird klar, dass die 1962 von Architekt Fritz Pfeffer erbaute Garage ein seltenes Architekturjuwel darstellt, das wohlbehütet im Wiener Untergrund noch einiges seiner ursprünglichen Qualität aufweist.

VOTIVPARK-GARAGE
EINFAHRT
Sigmund Freud Park, Wien

1962 fotografiert, legen die Abbildungen der Votivpark-Garage Zeugnis ab, von den ursprünglichen Strukturen und der Raumqualität. Ein Detail, eine Werbung für Autolacke, öffnet die Frage nach dem historischen Erscheinungsbild, das eine wichtige Information vorenthält: die Farben der Zeit. Krüger & Pardeller tauchen ein in die Welt der Farben und recherchieren die Lacke unterschiedlicher Automarken.

Hersteller reagieren bei den Farbbezeichnungen auf aktuelle Entwicklungen. So brachte Ford, unmittelbar die 68er-Bewegung aufgreifend, ein entsprechendes Anti-Establish Mint auf den Markt. Moonstone, Blanc Stellaire, Space Yellow – 1969 landete die Apollo 11 auf dem Mond. In den 1970ern finden wir ein Hippigrün und Poplila, aber auch ein unvoreingenommenes Arabergrau oder Sarajevo White. In den 1990er Jahren antwortet VW auf die rasante Verbreitung des Internets mit einem Cyber Green. Die Farben und ihre Bezeichnungen dienen nicht nur als persönliche Projektionsflächen, sie sind auch kollektive Speicher der Zeit.
 

VOTIVPARK-GARAGE
EINFAHRT
Sigmund Freud Park, Wien

Bunten Fahnen aus Metall signalisieren die Einfahrt für die vorbeifahrenden Autos und markieren den Ort. Sie sind von weithin sichtbar, lackiert in 20 verschiedenen Karossierielacken, die von heute zurück bis in die 1960er Jahre reichen. Ihre Anordnung leitet die Autofahrer_innen mit einem sinnlichen Erlebnis in die Garage.

Die Fahnenmaste sind mit modularen Elementen verbunden, die zugleich als Absturzsicherung dienen. Ihre Form ist geschwungen und leitet sich ab vom Prinzip einer Gliederkette, die es ermöglicht, der Kurve der Einfahrt zu folgen und sich ihrer Krümmung anzupassen.

Die Intervention ist auch parkseitig sichtbar, sie wird zu einem identitätsstiftenden Moment, nicht nur für die Benutzer_innen der Garage, sondern für den gesamten lokalen Stadtraum.

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VOTIVPARK-GARAGE
PANORAMAWAND
Schottentor, Wien

VOTIVPARK-GARAGE, geladener Wettbewerb, Siegerprojekt
Panoramawand

Errichtet im Zuge der Neugestaltung des Verkehrsknotenpunktes Schottentor, umfasste die Votivpark-Garage zunächst auch Drive-In-Schalter für Bankgeschäfte sowie ein Theaterkartenbüro. Hostessen auf Rollschuhen, in weinroten Uniformen, wiesen die Parkenden ein, während sich ein eigens angestellter Gärtner um die üppigen Pflanzenbeete unterhalb der Lichtkuppeln kümmerte. Eine Servicestation sowie eine Tankstelle boten Dienstleistungen an, in einem integrierten Restaurant konnte man bei Opernmusik dinieren. Später wurde das Lokal in eine Bar umgebaut, in der auch Prominenz wie Peter Alexander, Senta Wengraf, Hilde Kral, Peter Rapp oder Fritz Muliar zu den Stammgästen zählte. Eine 80 Meter lange geschwungene Panoramawand zeigte eine riesige Stadtansicht und erst dieses Bild verortete den unterirdischen Raum tatsächlich in Wien und nicht, wie man ebenfalls hätte vermuten können, in einer amerikanischen Großstadt.

VOTIVPARK-GARAGE
PANORAMAWAND
Schottentor, Wien

Das Zelebrieren des Automobils erfasste also auch die Bundeshauptstadt in den Jahren in denen VW am Höhepunkt seiner Produktion angelangt war und der millionste VW-Käfer festlich vom Fließband rollte und sich die Steyr-Daimler-Puch AG zu einem führenden Industrieunternehmen Österreichs entwickelte. Das Automobil war endgültig zum Symbol für den technischen und sozialen Fortschritt geworden.
 

VOTIVPARK-GARAGE
PANORAMAWAND
Schottentor, Wien

An der Panoramawand montieren Krüger & Pardeller in loser Anordnung 35 Farbbezeichnungen. Es sind aus Aluminium gelaserte Schriftzüge, angelehnt an die Typografie der 1960er Jahre. Doch anstatt ihre Farbqualitäten unmittelbar zu offenbaren, sind sie schwarz lackiert und legen den Fokus auf die sprachlich vermittelten Werte und Emotionen.

Sportlich, dynamisch, romantisch, urban, zeitgeistig oder klassisch, die Farbnamen erwecken unsere Vorstellungskraft; es ist ein Spiel mit individuellen Assoziationen und kollektiven Erfahrungen. Das Farbspektrum reicht von Traumschwarz bis Freudian Gilt. Mit dieser Setzung verweisen Krüger & Pardeller auf die Verortung der Garage unterhalb des Sigmund-Freud-Parks.

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VOTIVPARK-GARAGE
FOYER
Schottentor, Wien

VOTIVPARK-GARAGE, geladener Wettbewerb, Siegerprojekt
Foyer

Der Eingang von der Schottentorpassage ist ein architektonisches Juwel, das in seiner Qualität erhalten werden sollte. Der Fokus liegt hier auf einer Renovierung des Bestandes. Um die Raumqualität zu voller Wirkung kommen zu lassen, nehmen Krüger & Pardeller bewusst Abstand von einer auffälligen Wandgestaltung, die mit den bestehenden Strukturwänden konkurrieren würde. Stattdessen hängen sie über der Aufgangsrampe eine eigens für die Votivpark-Garage entworfene Lampe.

Auch hier greifen Krüger & Pardeller das Prinzip der modularen Gliederkette auf und folgen der Krümmung des Raums. Die 13-teilige Lampe aus Aluminium begleitet und beleuchtet den Aufgang. Ihre Leuchtelemente sind in unterschiedlichen Karosseriefarben lackiert. Neben ihrem funktionalen Aspekt bildet die Lampe eine ästhetische Klammer mit der Gestaltung der Einfahrt

VOTIVPARK-GARAGE
FOYER
Schottentor, Wien

Im Zeitraum von 1956 bis 1960 verdoppelte sich in Wien die Zahl der zugelassenen PKW. Diese Entwicklung rief zunehmend warnende Stimmen auf den Plan, die sich gegen die Idee einer „autogerechten Stadt“ aussprachen. Tatsächlich hatte es zunächst noch Bestrebungen gegeben, eine Stadtautobahn quer durch Wien zu legen. Nach und nach gewann jedoch im Rahmen von Roland Rainers Stadtentwicklungskonzeptes die Idee einer Anpassung des Verkehrs an die Gegebenheiten der bestehenden Stadt Vorrang, und 1962 eröffnete mit der Votivpark-Garage die erste öffentliche Tiefgarage Österreichs – mit dem Ziel, die Innenstadt möglichst autofrei zu halten. Der darauf folgende Beschluss zum Bau des U-Bahn-Netzes prägt bis heute die Qualität des öffentlichen Raums in Wien.

VOTIVPARK-GARAGE
FOYER
Schottentor, Wien

Davon unberührt boomte die Design-Entwicklung am Automarkt. Ausgefallene Formen und individuelle Farbgestaltung halfen mit, das Automobil zu personalisieren. Für jeden Fahrertyp kamen eigene Modelle in Frage, als Kunde sah man sich mit einer bestimmten Marke und deren „Wertewelt“ verbunden. Rasch erkannte die Industrie die fundamentale Bedeutung der Soziologie und Kommunikation für das Erschließen neuer Marktsegmente; die Werbepsychologie als neue Disziplin griff die sozialen Entwicklungen der 1960er Jahre auf, wie etwa ein offeneres Familienverständnis oder Einflüsse aus der Popkultur. Das Automobil war nicht mehr einer gehobenen Einkommensschicht vorbehalten; die Werbeindustrie vermochte es jedoch geschickt, kein nivellierendes „für alle“ zu propagieren, sondern zielte auf die Potenziale des Individualismus, in dem sie „für jeden das Richtige“ versprach

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VOTIVPARK-GARAGE
VITRINE
Schottentor, Wien

VOTIVPARK-GARAGE, geladener
Wettbewerb, Siegerprojekt
Vitrine

In der Votivpark-Garage, unterhalb der Stadt des 19. Jahrhunderts, verdichteten sich in den 1960er Jahren die Wünsche und Phantasien des neuen urbanen Lebens. Kollektive Begehrlichkeiten nach alternativen Identitätskonstruktionen fanden im Untergrund ihren Ausdruck. Die Fahrt in die Garage wurde zur Fahrt in eine erhoffte Zukunft, auf der Hostessen auf Rollschuhen den Weg wiesen. Unterhalb des Sigmund-Freud-Parks gelegen, kristallisierten in den Tiefen der Stadt die unbewussten Sehnsüchte zu einer architektonischen Wunschmaschine.

VOTIVPARK-GARAGE
VITRINE
Schottentor, Wien

Mit ihrer künstlerischen Intervention lüften Krüger & Pardeller ein spannendes Stück Stadtgeschichte und betten es am 04. Oktober 2018 in einem gemeinsamen Talk mit der Soziologin, Kultur- und Stadttheoretikerin Anette Baldauf in einen globalen Zusammenhang.

Eröffnung im Rahmen der Vienna Design Week, Partner: WIPARK und Wirtschaftsagentur Wien, Kreativzentrum departure